Monopoly
Giovanni Orelli

Monopoly

Roman

Übersetzt von Elke Büsser-Schwenn

232 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
Oktober 2013
SFr. 29.80, 29.80 € / eBook sFr. 19.90
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Titel der Originalausgabe: «Il gioco del monopoly»
978-3-85791-725-7

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Die Regeln sind bekannt: Wer hat, dem wird gegeben. Jeder für sich, und der Markt gegen alle. Am Ende rette sich, wer kann. Das Spielfeld ist die Schweiz. Giovanni Orelli führt den Leser durch das reiche, wunderschöne, perfekt organisierte Land, und im Ritual des Spiels um Geld, Besitz und Einfluss zeigt er das feine, festgefügte Netz zwischen Gestern und Heute, zwischen hochorganisierter Militärhierarchie und wohldurchdachter Finanzstrategie. Die Metapher des Würfelspiels durchzieht den ganzen Roman, er führt in 20 Etappen in die schönsten und bedeutendsten Städte, an Seen und Berge, der Duft von Schokolade und die Magie der elektronisch überwachten Banktresoren, in denen das Vermögen der Welt verwahrt ist, bilden den Hintergrund zu einem Spiel, in dem die Armen und die Minderbegabten, die Fremdarbeiter und Ausgebeuteten ebenso ihren Platz gefunden haben wie die Spitzen der Gesellschaft. Eine furiose Satire auf die Schweiz von charmanter Unverfrorenheit.

Giovanni Orelli
© Yvonne Böhler

Giovanni Orelli

Giovanni Orelli (1928–2016) geboren in Bedretto, studierte in Zürich und Mailand und war Lehrer in Lugano. Seine literarische Karriere begann 1965 mit dem Roman «L'anno della valanga/Der lange Winter», welcher mit dem Premio Veillon ausgezeichnet wurde. Neben seinen Publikationen auf Italienisch, zu denen Gedichte, Erzählungen aber auch Literaturkritiken gehören, hinterlässt er auch Übersetzungen im Dialekt des Bedrettotals. Orellis Gesamtwerk wurde 1997 mit dem Gottfried Keller-Preis und 2012 mit dem Grossen Schillerpreis ausgezeichnet. Er zählt bis heute zu den herausragenden Schriftstellern der Schweiz.

«Giovanni Orelli gehört gewiss zu den kühnsten, doch auch zu den heitersten Poeten dieses Landes. Ärmer wäre die italienische Literatur und wären die Literaturen der Schweiz ohne die melancholische Anarchie seiner Gedichte und seiner Prosa.» Neue Zürcher Zeitung

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Das Manuskript von Lausanne 5

Wie man Monopoly spielt 9

i Start 16

ii Schaffhausen 22

iii Thun 35

iv Elektrizitätswerke 43

v Lugano 53

vi Kanzlei 67

vii St. Gallen 79

viii Luzern 91

ix Gefängnis 100

x Basel 110

xi Solothurn 120

xii Drahtseilbahn 133

xiii Parkplatz 140

xiv Bern 150

xv Zürich 161

xvi Genf 171

xvii Lausanne 182

xviii Wieder am Start 192

xix Chur 200

xx Und das Ende? Colon, der Dickdarm? 208

Anmerkungen 222

Wie man Monopoly spielt

Um Monopoly zu spielen, muss man mindestens zu zweit sein. Doch hat auch dieses Spiel seine Regeln und seine Ausnahmen. Man könnte nach dem Frühstück das Spiel vor sich auf den Tisch legen und anfangen, allein zu spielen, indem man die verschiedenen Rollen in seiner eigenen Person vereinigt: man ist gleichzeitig der Bankhalter, der verwegene Spieler, der bedachtsame Spieler, der x, y, z. Man könnte die Züge jedes einzelnen Spielers selber lenken und auf diese Weise Glück, Krise und Umsturz bestimmen.

Der Spielleiter kann den Spieler x verwöhnen, kann ihm zu seinem unerhörten Erfolg gratulieren, dagegen kann er den Spieler y bis zum letzten Rappen ausquetschen und ihn dann seinem Schicksal überlassen. Doch erst wenn man mit anderen Personen spielt, gewinnt das Spiel seinen wahren Reiz, erst dann ist es gerecht und billig – und es tut wohl. Wenn es wahr ist, dass Gott, der Schöpfer, sich in souveränem Gleichmut die Nägel putzte und dann sprach,»es werde», so sollte man sich auch fragen, warum Gott am ersten Schöpfungstag überhaupt beschlossen hat, die Welt – und dann den Menschen – zu erschaffen. Was war vor dem ersten»es werde»? Eine graue Ewigkeit? Ein Gott der Einsamkeit? Lichtjahre der Langeweile?

Gott hatte sicher seine guten Gründe, den Menschen zu erfinden, aber wer die ganze Schöpfung für einen Irrtum hält, hat wohl nicht ganz unrecht.

Das gleiche gilt für die Bank und für das Spiel Monopoly: welchen Reiz könnte es noch haben, wenn nicht mehrere Spieler daran beteiligt wären? Darum ist es zweckmässig, ja geradezu notwendig, einen Partner zu haben. In diesem Spiel braucht er keinen Namen. Für die Bank ist er nur eine Zahl, ein Nummernkonto.

Hauptperson ist das Geld. Es klirrt vergnüglich am Kassenschalter, auf dem überall reichlich vorhandenen Marmor. Kein Spieler wird also beim Namen genannt, und auch im Spiel bleibt unsere Bank einem ihrer heiligsten Prinzipien treu: der Geheimhaltung. Der Spieler hat natürlich die Möglichkeit, seine privaten Notizen über Gewinn und Verlust zu machen, genauso wie ich selber es hier tue.

Ich bin Cornelius Agrippa, und ich befasse mich mit Public Relations für einen der bedeutendsten Bankiers unseres Landes, Helmut Crunch. Ich komme aus einer Bauernfamilie, doch gehöre ich heute zu den wenigen, die in massgeblichen Gesellschaftskreisen Beachtung finden. Ich bin geboren und aufgewachsen in einer dem Namen nach liberalen Gesellschaft, die aber in Tat und Wahrheit konservativ ist und in der die Besetzung der leitenden Posten durch Parthenogenese geregelt ist, wobei diese Selbstreproduktion nach strengsten Auswahlkriterien vor sich geht, die zu Anfang in der Schule, danach in der Armee und auf anderen Gebieten wirksam werden.

Doch um das Gesicht einer demokratischen Gesellschaft vor sich und vor anderen zu wahren, um allgemein überzeugend zu wirken, gewährt man einer bescheidenen Anzahl von mittellosen, doch hinreichend intelligenten Leuten das Privileg, an den Brüsten der Wissenschaft zu saugen, an der Alma Mater, an unseren ausgezeichneten Universitäten zu studieren. Dort findet man darum nicht selten die Söhne von Bauern, Maurern und Schmieden, die mutig und ihres ehrenvollen Auftrags bewusst ihre Studien betreiben. Sie werden unterstützt und schliesslich in massgebliche Kreise aufgenommen, wo man sich ihres Eifers, ihrer respektvollen Dankbarkeit (wieviel Schweiss hat dieser Aufstieg gekostet!) zu bedienen weiss, um die Bindung zur Klasse der Kundschaft, zu den Klienten, im klassenlosen Abstimmungsritus neu zu festigen. Im vierten Studienjahr hat es mich auf die fantastischen Wege der Magie verschlagen. Das ist kein totes Gleis. Doch kehren wir zu den Namen zurück: Die Namen der anderen Spieler werden aus verständlichen Gründen verschwiegen, nicht aber die Namen der Männer, die – wie man so sagt – die Fäden in der Hand halten.

Meine Notizen werden also, während die Würfel rollen, bestimmte Persönlichkeiten beim Namen nennen: Bankdirektoren, Finanzleute, Grundbesitzer, Spekulanten, Versicherungsunternehmer – und auch andere, weniger wichtige Leute. Die bedeutendsten sind jedenfalls Helmut Crunch, mein Chef, Walter Krachnuss, Maximilian Galak, Jean-Marie Pralines, Rudolf (Rudi) Toblerone.
Tessiner Zeitung, 6. November 2013
P.S., 5. November 2013
Südostschweiz.ch, 10. Dezember 2013
Der Landbote, 4. Januar 2014
Kleine Zeitung, 8. Februar 2014
Tages-Anzeiger, 5. Dezember 2016
Tz, 9. Dezember 2016
Tz, 13. Januar 2017 (Abdruck)

«Eine furiose Satire auf die Schweiz von charmanter Unverfrorenheit» Tessiner Zeitung

«Orellis Parabel auf die Schweiz ist ein literarisches Spiel, das mit vielen Anspielungen und Zitaten garniert ist.[...] Ein lustvolles sarkastisches Spiel mit grossem Ernst.» Südostschweiz.ch

«Orellis verspieltetes Buch ist wohl ‹Monopoly›, ein dialogisch-polyfoner Roman.»  Tages-Anzeiger

«In seinem Roman ‹Monopoly› zeigte er, wie im Ritual des Spiels um Geld, Besitz und Einfluss das feine, festgefügte Netz zwischen Gestern und Heute, zwischen hochorganisierter Militärhierarchie und wohldurchdachter Finanzstrategie bestens zusammenspielen»  Tz

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