Anna Felder
Die nächsten Verwandten
Geschichten
Übersetzt von Maria-Pia Scholl-Franchini
Januar 2002
vergriffen
978-3-85791-390-7
Vier Kinder hatte sie gehabt, die letzten beiden Zwillinge, aber allein einer war lebend geboren. Man hatte sie gezwungen, auch dem andern einen Namen zu geben, denn in Zentimetern war er lang genug, einen Namen zu tragen, sie gab ihm den Namen Antonio, ohne ihn je gesehen zu haben: doch vom ersten Augenblick, da sie den andern Zwilling sah, schaute sie auf seine Stirn und suchte auf ihr, still, zwischen den Falten, den einzigen auf der Welt, die wussten, wie Antonio war, wie er gewesen war.
«... vierzehn Kurzgeschichten bilden eines der schönsten Erzählwerke, die je in der italienischen Schweiz erschienen sind. Es handelt sich, wie gesagt, um vierzehn Erzählungen, aber man könnte auch von einem Roman sprechen: strenggenommen sind die Titel auch austauschbar, sie nennen, nicht eingangs wie bei einem Theaterstück, die Personen, nächste Verwandte: den Grossvater, die intelligente Tochter, den Liebhaber, den Vater etc. Sie treten tangential auf, erscheinen gleichsam wie ein Wunder im Gefüge der selbstverständlichsten Alltäglichkeit und in kleinsten, aber genauesten Details. Und wenn ich Namen nennen soll, um Anhaltspunkte zu geben, würde ich an Vittorini und Beckett erinnern.» Giovanni Orelli, Azione