C’est la vie

C’est la vie

Schweizer Pressebilder seit 1940

Mit Texten von Alex Anderfuhren, Thomas Bochet, François de Capitani, Dario Donati, Roland Schlaefli, Ricabeth Steiger / Herausgeber Schweizerisches Nationalmuseum

96 Seiten, Klappenbroschur, ca. 130 Fotografien, durchgehend vierfarbig , französisch
Januar 2012
SFr. 38.–, 42.– €
sofort lieferbar
978-3-85791-655-7

per Post bestellen

Die Pressefotografie erlebte in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts einen grundlegenden Wandel. Bis in die 1950er-Jahre bildete die Fotoreportage die Königsdisziplin der Pressefotografie. Sorgfältig komponierte Bildstrecken zu Themen aus allen Gebieten des täglichen Lebens bildeten die Grundlage für unzählige Wochenzeitschriften. Als die Tagespresse nach 1960 vermehrt Bilder abdrucken konnte, wandelte sich auch die Pressefotografie. Einzelbilder zu brandaktuellen Themen, bald auch in Farbe, waren nun gefragt. Die Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung im Landesmuseum Zürich folgt dieser Entwicklung mit Bildern der beiden Pressefotoagenturen «Presse Diffusion Lausanne» und «Actualité Suisse Lausanne». Erstmals gewähren Ausstellung und Publikation einen Einblick in diese umfangreichen Archivbestände aus der Zeit von 1940 bis 2000. «C’est la vie» bietet neue und unerwartete Einsichten in die Geschichte der Schweizer Presse.

Schweizerisches Nationalmuseum

Schweizerisches Nationalmuseum

Unter dem Dach des Schweizerischen Nationalmuseums sind die drei Museen – Landesmuseum Zürich, Château de Prangins und das Forum Schweizer Geschichte Schwyz – sowie das Sammlungszentrum in Affoltern am Albis vereint. Die Museen präsentieren Schweizer Geschichte von den Anfängen bis heute, und erschliessen – auch mit temporären Ausstellungen zu aktuellen Themen – die schweizerischen Identitäten und die Vielfalt der Geschichte und Kultur unseres Landes.

Das Landesmuseum Zürich ist das meist besuchte historische Museum der Schweiz. Das Sammlungszentrum verfügt mit über 820'000 Objekten über die grösste Sammlung zur Kulturgeschichte und dem Kunsthandwerk der Schweiz. Am Sitz des Sammlungszentrums sind nebst den Sammlungen auch die Ateliers der Konservatoren-Restauratoren, das Laboratorium für Konservierungsforschung sowie die Objektregistrierung und -logistik, das Leihwesen sowie das Fotoatelier unter einem Dach vereinigt.

mehr...

Vorwort Dr. Andreas Spillmann
Préface
Prefazione

Das Leben einer Fotoagentur Roland Schlaefli
La vie d‘une agence photographique
La vita di un’agenzia di foto

Was erzählen Pressefotografien? Dario Donati
Que nous racontent les photos de presse?
Che cosa ci raccontano le foto giornalistiche?

Das Bild als Ware Alex Anderfuhren
L’image en tant que marchandise
L’immagine come merce

Text im Bild Thomas Bochet
Le texte dans l’image
Il testo nella foto

Das Bundeshaus als Kulisse Dr. François de Capitani
Le Palais fédéral – théâtre de la politique
Il Palazzo federale come scenario

Von der Idee zum Artikel: Wie entsteht eine Reportage? Ricabeth Steiger
De l’idée l’article: comment se produit un reportage?
Dall’idea all’articolo: come nasce un reportage?

1940―1959

1960―1979

1980―2000

Das Leben einer Fotoagentur

Nach der Handelsschule und mehreren Jahren Arbeit als Chefbuchhalter in verschiedenen Unternehmen beschloss ich 1951, 24-jährig, mein Hobby – den Sportjournalismus – zum Beruf zu machen. Die Agentur «Actualité Suisse Lausanne» wurde 1954 gegründet und hatte ihre Räumlichkeiten zuerst im Bel-Air-Turm und von 1963 bis 2001 an der Rue de la gare. In den 1960er Jahren bestand eine Filiale in Zürich, zuerst an der Bolleystrasse, später am Mythenquai.

In der ganzen Zeit ihres Bestehens versorgte die Agentur ASL täglich Dutzende von Zeitungen und Zeitschriften mit Bildern, zuerst per Post und Kurier, ab 1998 auch elektronisch. 1970 haben wir mit dem Vertrieb von Farbdias begonnen, als die Tagespresse nach und nach dazu überging, Farbbilder zu drucken. Die Agentur verfolgte nicht nur das nationale Geschehen, sondern auch viele Sportereignisse im In- und Ausland, so die Weltmeisterschaften im Fussball und Tennis, oder die olympischen Sommerund Winterspiele. Unsere Sonderberichterstatter verfügten über Belinographen (Apparate zur telefonischen Bildübermittlung) und Ateliers vor Ort. Bevor das Fernsehen seine eigene Tagesschau vollständig in Genf produzierte, bezog es ebenfalls aktuelle Bilder von unserer Agentur. Einen weiteren Schwerpunkt unserer Agenturarbeit bildete die Bundespolitik. Von 1954 bis 2000 habe ich alle Bundesräte und Wahlen fotografiert. 72-jährig habe ich im Jahre 2000 meinen Presseausweis als Bundeshausfotograf zurückgegeben.

Die fortschreitende Pressefusion engte den Markt immer weiter ein und mit dem Konkurs der Zeitung «La Suisse» im Jahr 1994 verloren wir nicht nur einen wichtigen Partner sondern auch 95% der noch ausstehenden Honorare. Das Zeitalter der analogen Fotografie neigte sich dem Ende zu und wich der digitalen Fotografie. 2001 schloss die Agentur ihre Türen und ich ging in den Ruhestand. Das Archiv der Agentur hat eine beeindruckende Grösse und zeigt fünfzig Jahre Weltgeschichte. 1972 kaufte ich das Archiv der Agentur «Presse Diffusion Lausanne», als ihr Besitzer, Joseph Hayot, seine Tätigkeit beendete. Zusammen decken die beiden Archive die Zeit von 1939 bis 2000 ab. Einige Anekdoten mögen einen Einblick in die tägliche Arbeit der Agentur geben. 1960 – Ich telefoniere ins Hotel Beau- Rivage und frage nach, ob sich König Hussein von Jordanien anlässlich seines 25. Geburtstages kurz mit uns Fotografen treffen könne. Das Treffen kommt zustande und man bittet uns, noch etwas zu gedulden, bis Ihre Majestät in den Salon kommen werde. Mit meinen Kollegen gingen wir in die nächste Konditorei in Ouchy und kauften einen Geburtstagskuchen und 25 Kerzen. Ein Journalistenkollege übernahm es, diese beim Eintreten des Königs anzuzünden. Der König war gerne bereit, die Geburtstagskerzen auszublasen, und wir fragten ihn, ob der Kuchen in sein Zimmer gebracht werden soll. Er lehnte dankend ab und sagte, dass er in der Grappe d'Or zum Essen erwartet werde. Also vertilgten die Reporter den Kuchen mit blossen Händen im Salon. (Abb. 1)

1968 – Wissend, dass Prinz Don Juan Carlos am Weihnachtstag in Lausanne sein werde, rufe ich die Ex-Königin von Spanien, Viktoria Eugénie, an. Ihre Telefonnummer stand im Telefonbuch und sie wohnte am Chemin de l'Elisée. Ich frage sie, ob ich ein Foto von ihr mit ihrem Enkel schiessen dürfe. Sie sagt zu und bestellt mich zur Kaffezeit. Als einziger Fotograf konnte ich ein Bild des zukünftigen Königs mit seinen Eltern, seiner Grossmutter und Prinzessin Sophie und ihres Babys machen. (Abb. 2)

1981 – Richard Nixon, der Ex-Präsident der Vereinigten Staaten, weilt einige Tage im Hotel Beau-Rivage, begleitet von seinen Leibwächtern. Ich erfahre, dass er am Samstagmorgen den Markt auf der Place de la Palude besuchen will, um Früchte einzukaufen. Mit meinem neunjährigen Sohn stosse ich dazu und schiesse einige Fotos. Ich frage den Präsidenten, ob er sich mit meinem Sohn zusammen ablichten lasse. Er bejaht und auf der Place Saint-François drücke ich ab. Die Leibwärter haben sich diskret zurückgezogen und der Präsident legte seine Hände auf die Schultern meines Sohnes Raphael. (Abb. 3)

1972 – Der Verband der Fotojournalisten beschliesst, jener Person, die den Fotojournalisten am besten gewogen ist, einen Preis zu verleihen, die «Lächelnde Kamera». Erster Preisträger war der englische Premierminister Harold Wilson, der anlässlich einer Wahlveranstaltung einen Fotografen, dem eine Tomate ins Gesicht flog, mit den Worten in Schutz nahm: «Es ist nicht die Aufgabe der Fotografen, mit Tomaten beworfen zu werden. Dies gehört zu meinen Pflichten als Politiker.» Die Preisverleihung war ein grosser Erfolg und erschien in vielen Zeitungen auf der Titelseite. Wir beschlossen wenig später, Charlie Chaplin mit dem Preis auszuzeichnen. Anlässlich einer Privatvorstellung im Zirkus Knie, hatte er sich gegenüber den Journalisten äusserst freundlich gezeigt. Die Übergabe fand im Manoir du Ban in Corsier statt und nach einer Rede von Herrn Gawronsky durfte ich Charlie Chaplin die Athmos- Uhr als Preis der «Lächelnden Kamera» überreichen. Es war für mich, auch als damaliger Verbandspräsident, ein sehr bewegender Moment. (Abb. 4)

Ich widme diese Zeilen allen meinen ehemaligen Mitarbeitern. Der Erfolg und die Langlebigkeit der Agentur war die Frucht ihrer Arbeit.

Roland Schlaefli

Ehemaliger Inhaber ASL

Ancien propriétaire ASL

Ex titolare ASL

Bilder aus diesem Buch sind auch als Postkarten erschienen.

Captcha

Ihre Meinung ist uns wichtig. Bitte nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und teilen Sie uns Ihre Meinung zu diesem Buch mit. Alle Rückmeldungen werden auch an den Autoren oder die Autorin weitergeleitet. Herzlichen Dank.