"Alles ist ganz anders hier"
Schweizer Auswandererberichte des 18. und 19. Jahrhunderts aus dem Gebiet der heutigen Vereinigten Staaten
Herausgegeben von Leo Schelbert, Hedwig Rappolt
Das volkskundliche Taschenbuch [50]
552 Seiten, gebunden, 26 AbbildungenOktober 2009
978-3-85791-582-6
Während Jahrhunderten wanderten Europäer in das Gebiet der heutigen USA ein. 'Alles ist ganz anders hier' dokumentiert, wie diese Einwanderer nach Hause berichtet haben. Für den Zeitraum von 1704 bis 1887 zeigen die Briefe, Journale und Berichte an die Angehörigen das Leben in der Neuen Welt sehr anschaulich und in seiner ganzen und auch widersprüchlichen Breite. Bauern, Täufer, Handelsleute, Pfarrer, Mönche, pietistische Klosterschwestern, Weinbauern, junge Männer, ganze Grossfamilien aus allen Teilen der Schweiz erzählen von harter Pionierarbeit, von Freiheit und Sklaverei, von Indianern und Goldsuchern, von Ortsgründungen wie Vevay und New Glarus, von Erfolg und Glück, von Elend und Tod. 'Die Berichte sind derart lebensnah und echt, dass man sie in einem Zuge zu Ende liest. Man ist gefesselt, schockiert, ergriffen oder belustigt – oftmals alles miteinander.' Neue Zürcher Zeitung
© Limmat Verlag
Leo Schelbert
Leo Schelbert, (1929–2022), war zuerst Gymnasiallehrer, dann studierte er in New York amerikanische Geschichte mit Schwerpunkt Einwanderung. 1966 Promotion an der Columbia Universität. Er lehrte von 1963 bis 1969 an der Rutgers Universität in Newark, New Jersey, und nach zwei Forschungsjahren in der Schweiz von 1971 bis 2003 an der Universität von Illinois in Chicago. Der Autor und Herausgeber verschiedener Bücher und zahlreicher Artikel, lebte bis zu seinem Tod im März 2022 mit seiner Familie in Evanston, Illinois.Hedwig Rappolt
Hedwig Rappolt, 1908–1994, war Übersetzerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in Connecticut.Vorwort zur Neuausgabe
Vorwort zur Erstausgabe
Auswandererberichte als historische Zeugnisse
ERSTER TEIL: BERICHTE AUS DEM 18. JAHRHUNDERT
I. Auswanderung als UnternehmertumFranz Ludwig Michel, Maryland, 20. Mai 1704
II. Nachrichten aus New Bern, North Carolina
Hans Rüegsegger, North Carolina, 7. April 1711
Jacob Währen, North Carolina, 9. April 1711
Christen Janz, North Carolina, 30. April 1711
III. Für und wider Purrysburg, South Carolina
Andreas Klaffter, South Carolina, 8. Juli 1733
Johann Baptist Bourquin, South Carolina, 20. August 1733
Sebastian Zuberbühler, South Carolina, 1. September, 1735
Sebastian Zuberbühler, South Carolina, 1. September, 1735
Jacob Müller, South Carolina, 18. August 1735
Hanß Danner, South Carolina, 18. September 1735
Fridolin Hilti, South Carolina, 27.–31. August 1735
Hanß Georg Strigger, South Carolina, 11. Mai 1736
IV. Wegzug ins Neue Land
Heinrich Näf, London, 30. September 1734
Heinrich Näf, London, 4. Oktober 1734
Heinrich Näf, London, 25. Oktober 1734
Heinrich Näf, Purrysburg, South Carolina, 18. August 1735
V. South Carolina, bemängelt und gepriesen
Hans Ulrich Giezendanner, South Carolina, 23. April 1737
Samuel Dyßli, South Carolina, 3. Dezember 1737
Jakob Gallmann, South Carolina, 15. September 1738
Heinrich Gallmann, South Carolina, 12. November 1738
Klage-Gedicht über Johannes Tobler, Bern, 1742
Johannes Tobler, South Carolina, 1752
VI. Drei Unterstützungsgesuche aus South Carolina
Pierre Rodolph May, South Carolina, 29. November 1737
Johan Rodolph May, Namur, Belgien, 6. Februar 1767
Johan Rodolph May, South Carolina, 20. Dezember 1785
VII. Pennsylvania im Urteil von Frauen
Esther Werndli, Pennsylvania, 24. November 1736
Esther Werndli, Pennsylvania, 4. Dezember 1737
Anna Thommen, Pennsylvania, 12. Oktober 1743
Barbara Börlin, Pennsylvania, 1. November 1740
Barbara Börlin, Pennsylvania, 20. Oktober 1748
VIII. Pennsylvania im Urteil von Männern
Durs Thommen, Pennsylvania, 20. Oktober 1736
Durs Thommen, Pennsylvania, 3. Oktober 1737 7
Hans Georg Gerster, Pennsylvania, 20. Dezember 1737
Hans Georg Gerster, Pennsylvania, 4. November 1740
Nicht gezeichnet, Pennsylvania, 1752
Nicht gezeichnet, Pennsylvania, 1752
Johannes Hänner, Pennsylvania, 23. August 1769
IX. Zwei Rückkehrer aus South Carolina
Hans Trachsler, Zürich [1738]
Hieronymus d’Annone, Bericht über Hans Gasser, Basel, 23. August 1756
ZWEITER TEIL: BERICHTE AUS DEM 19. JAHRHUNDERT
I. Die Überfahrt: Vier BerichteNicht gezeichnet, von Der Helder, Niederlande, nach Pennsylvania, 1806
Matthias Dürst, von Diesbach, Schweiz, in die Niederlande, 1845
Nicht gezeichnet, von Le Havre, Frankreich, nach Missouri, 1848
Samuel Mori, von Bern nach Kentucky, 1885
II. Weinbauern am Ohio
Jean Jacques Dufour, Jr., Kentucky, 1799
Jean Jacques Dufour, Sr., Kentucky, 13. Januar 1801
Jean François Dufour, Indiana, 1810
L. Gex Obousier, Indiana, 31. Januar 1815
Nicht gezeichnet, Indiana, 22. Mai 1825
III. Handels- und Berufsleute
Ein Finanzmann
Guillaume Merle d’Aubigné, South Carolina, 8.–20. November 1816
Guillaume Merle d’Aubigné, South Carolina, 4. Dezember 1816
Guillaume Merle d’Aubigné, South Carolina und Georgia, 1816–1817
Ein geschulter Berichterstatter
Arnold Howard, Maryland und Ohio, 1825
Ein Apotheker
Nicht gezeichnet, Missouri, ohne Datum
Nicht gezeichnet, Missouri, 29. April 1849
Nicht gezeichnet, Missouri, 20.–22. Mai 1849
Nicht gezeichnet, Missouri, 20. Juli–16. August 1849
Ein Handelsmann-Gehilfe
«Auguste Lenz», Texas, 1875–1877
IV. Bauern im Mittleren Westen
Salomon Köpfli, Illinois, 11. Dezember 1831
Salomon Köpfli, Illinois, 13. Mai 1833
David Niederhäuser, Ohio, 15. Januar 1834
David Niederhäuser, Ohio, 25. Januar 1835
Peter Sprünger, Indiana, 2. April 1860
V. Einwanderer religiöser Ausrichtung
Ein reformierter Pfarrer
Wilhelm Streißguth, Wisconsin, 2. September 1850
Ein Pietist
Niklaus Frankhauser, Ohio, 29. März 1852 8
Ein Taufgesinnter
Abraham Ramseier, Indiana, 12. Februar 1853
Benediktiner-Mönche
Ulrich Christen und Beda O’Connor, Indiana, 27. Februar 1853
Martin Marty, Indiana, 1. Januar 1861
Ein Mormone
Bartholomäus Kellenberger, Utah, 1873–1880
VI. Tessiner im Fernen Westen
Giovanni Monti, Nebraska Territory [Wyoming], 25. April 1857
Antonio Beda, California, 8. Mai 1879
Caterina Sciaroni, California, · 27. Dezember 1882
Elvenia Cadlolo, California, 21. April 1906
VII. Auf der Suche nach Gold, Kupfer und Silber
Gustav Schlaefly, California, 5. und 7. Juni 1850
J. St., California, 12. Januar 1851
Frank Bieler, Michigan, 19. Februar 1858
Traugott Hagenbuch, Arizona, Frühjahr 1887
Personenregister
Ortsregister
Bildnachweis
«Wer das Glück hat ...»
«Wer das Glück hat, findet Gold; wer keins hat, der kann an dieser Stelle vor Hunger sterben.» J. St., CaliforniaLiebe Eltern und Geschwister!
Der Brief, welchen ich Euch am 19. Mai 1850 geschrieben habe, und in dem ich Euch einen Theil meiner Reise und meine Ankunft in den Goldminen meldete, hoffe ich, werde richtig in Eure Hande gekommen sein. Den 25. Mai nahmen unserer 7 Mann ein Stück von 170 Schritt lang vom Flusse in Empfang. Unsere Aufgabe war nun, das Wasser des Flusses abzuleiten und das Flusbett auszubeuten, weswegen wir auch 7000 Quadratfus Dielen sagten und daraus einen Kanal, hier Flum [flume] genannt, anzufertigen suchten. Diesen Kanal machten wir 10 Fus breit und 10 Fus tief, was uns eine Arbeit vom 25. Mai bis 10. August verursachte, bis wir das Wasser in unserm Flum hatten. Mit dieser so mühsamen Arbeit aber hatten wir doch wenig ausgerichtet, denn noch stand das Wasser im Flusbett so tief, das wir wenig Erspriesliches hervorbringen konnten. Oben und unten an unserem Standort fanden wir sehr wenig Gold. Diese Arbeit wurde uns endlich so zur Last, das unserer vier die Ranzen schnallten und eine Reise von 100 Meilen ins Gebirge vornahmen. Auf dieser Reise überschritt ich Mitte August die höchsten Gebirge Kaliforniens, die noch mit Schnee und Eis bedeckt waren.
Nach einer mühsamen Reise kamen wir glücklich am Hapsgenbach an, genannt von einem Mann, Namens Hapsgen , welcher 3 Wochen vorher zuerst dahin kam und ihm sogleich den Namen gab. Noch nie war diese Gegend von Weisen bereist. Dieser Bach war durch seinen Goldreichtum schon berühmt, was auch uns dahin zog. Wer das Glück hat, findet Gold; wer keins hat, der kann an dieser Stelle vor Hunger sterben! Wir brachten drei Tage hier zu. Am ersten Tage fanden wir nichts; am zweiten Tage fanden wir aber in Zeit von zwei Stunden für 102 Thaler Gold und am dritten gab es wieder nichts.
Nun musten wir den Bach verlassen, weil wir keine Lebensmittel mehr hatten und keine erhalten konnten. Fünfzehn Meilen musten wir wieder zuruck, bevor wir nur unsern Hunger stillen konnten.
(...)
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23 Der Feather River (Rio de las Plumas) wird durch drei Arme: North, Middle und South Fork bei Oroville gebildet; Strengtown ist wohl eine jener ephemeren Siedlungen, die mit der Erschopfung der Goldminen ebenso rasch verschwanden, wie sie entstanden waren; vgl. dana, The Sacramento (Anm. 21), S. 125.
«Die Berichte sind derart lebensnah und echt, dass man sie in einem Zuge zu Ende liest. Man ist gefesselt, schockiert, ergriffen oder belustigt – oftmals alles miteinander.» Neue Zürcher Zeitung
«In allem bringt einem die Lektüre des vorliegenden Buches unmittelbar und lebensnah einen nachhaltigen Eindruck von den unzähligen Auswandererschicksalen; man erfährt Geschichte für einmal gewissermassen von der Basis der direkt Betroffenen her. Was sonst in Geschichtsbüchern nur zahlenmässig als «Ein- oder Auswanderströme» erscheint, beginnt hier plötzlich in einzelnen Personen zu reden, sich – zum Teil ungelenk und mit zahlreichen Fehlern – zu artikulieren. Quellenbände wie dieser, von denen es leider viel zu wenige gibt, ersetzen zwar das Geschichtsbuch nicht, aber sie sind mehr als eine Ergänzung dazu.» Vaterland
«Die Lektüre der in dem Band versammelten Auswandererberichte ist ein heilsames Mittel gegen die Gefahr eines neuen nationalen Starrsinns.» Neue Zürcher Zeitung
«Die persönlichen und packenden Berichte sind auch für Laien aufschlussreich.» Tages-Anzeiger
«Der umfangreiche Band bietet vieles: dem interessierten Laien eine Lektüre, die ihn fesseln und ergreifen wird, dem Historiker jeglicher Richtung eine Fülle von zeitgenössischen Dokumenten, dem Volkskundler und Ethnologen aber wichtige Einsichten in das Phänomen der Auswanderung, der Entwurzelung, der Integration, des Kulturkontakts und -konflikts, um nur einige Stichworte zu nennen. Die Texte sind vorzüglich aufgeschlüsselt, ein Personen- und ein Ortsregister erlauben eine rasche Orientierung, und einige zeitgenössische Abbildungen bieten eine Einstimmung. Angesichts der Bedeutung der Auswanderung (vor allem nach den Staaten) für die Kultur- und Sozialgeschichte unseres Landes kann ich nur hoffen, dass möglichst breite Kreise diese Publikation beachten und verwenden werden.» Schweiz. Archiv f. Volkskunde
«Achtzig Dokumente, die sich lesen wie ein Abenteuerroman inszenierter Realitäten.» Schweizer Monatshefte