Barbara Davatz
Barbara Davatz. Beauty lies within
Porträts aus einer globalisierten Mode-Welt
Herausgegeben von Fritz Franz Vogel / Mit Texten von Yvonne Höfliger, Barbara Welter
FotoSzeneSchweiz [5]
108 Seiten, 86 Abb., gebunden1., Aufl., Juni 2007
978-3-85791-530-7
Die Porträtfotografin Barbara Davatz legt mit 'Beauty lies within' eine weitere visuelle Forschungsarbeit vor. Mit Referenzen an August Sander, Bernd und Hilla Becher oder Karl Blossfeldt werden die physiognomischen Stimmungen von Verkäuferinnen und Verkäufern einer weltweit operierenden Modekette präzise herausgearbeitet. Mit einer strengen Frontalität und praktisch identischer Augenhöhe verfolgt die Porträtistin eine sachliche, typologische Bildkonzeption. Diese Feldstudie zur 'H&M-Generation', wie die konsumfreudigen Jugendlichen von heute bereits apostrophiert werden, spiegelt nicht bloss das globale Kundensegment von Bekleidungsfirmen, sondern stellt in der Bandbreite der sozialen und ethnografischen Herkunft auch ein durchschnittswesteuropäisches Genrebild dar. Ebenso sind in der Porträtserie die globale Uniformierung des Bekleidungsstils oder die Mode- und Identifikationscodes mit ihren Anspielungen an Erotik, Lifestyle und Assimilierung herauszulesen.
© Limmat Verlag
Barbara Davatz
Barbara Davatz, geboren 1944 in Zürich, 1948 Umzug der Familie in die USA. 1964/65 Fachklasse für Fotografie, Schule für Gestaltung in Zürich. Seit 1968 freiberuflich tätig v.a. für Zeitschriften. Lebt und arbeitet in Steg im Zürcher Oberland. Verschiedene Porträtprojekte wie «Gsüün» (über familiäre Ähnlichkeiten), «Zwillinge. Eine Laune der Natur», «Portrait einer Schweizer Firma 1973» und die bisher einzige monografische Publikation «As Time Goes By» mit diachronen Vergleichsbildern von Paaren.Körperbetont
Kleidercodes und Modehaltungen in der Porträtserie von Barbara Davatz
von Barbara Welter
Beauty lies within
86 Porträts
Vom Ereignis, angesehen zu werden
Im Gespräch mit Barbara Davatz
von Fritz Franz Vogel
Körperbetont
Kleidercodes und Modehaltungen in der Porträtserie von Barbara Davatz
von Barbara Welter
Ähnlichkeiten und Verbindungen zwischen Verwandten, Paaren, Freundinnen und Freunden waren das Thema früherer Projekte von Barbara Davatz. Die Porträtierten in der Studie «Beauty lies within» nun verbindet ihr gemeinsamer Arbeitgeber: Sie arbeiten als Verkäuferinnen und Verkäufer bei einer global ausgerichteten Modekette, die nicht genannt sein will. Stilsicher setzt das Unternehmen die Vorlieben der internationalen Pop- und Filmszene und neuerdings der extravaganten Haute Couture in kostengünstige, einfach zu tragende Mode um, und es braucht laut Angaben der Firma nur zwanzig Tage, um die entworfenen Stücke zu produzieren und in die eigenen Läden zu bringen oder besonders gefragte Stücke nachzuproduzieren und auszuliefern.1
Als Kundin ist die Fotografin den vorwiegend jungen Verkäuferinnen und Verkäufern erst einmal begegnet. Die flüchtigen Begegnungen mit ihnen und eine Kleidertüte der Modekette weckten das Interesse von Barbara Davatz, in deren Porträts immer auch ein grosses Interesse an Kleidercodes und damit verbundenen Fragen der Identität mitschwingt. «Beauty lies within» versprach ein raffinierter Slogan auf besagter Tüte, wie die Fotografin erzählt. Ein Versprechen, das in jedem Fall aufgeht: Wer die Kleider der erfolgreichen Modekette in besagter Tüte mit nach Hause nimmt, bewegt sich in Richtung der legeren Pop-Schönheiten, und wem die Hülle zu keinem Glamour verhilft, dem oder der spricht die einflussreiche Modekette innere Schönheit zu.
Für die Fotostudie von Barbara Davatz lässt sich nun fragen, wie sich die Hüllen und die innere Schönheit der porträtierten Frauen und Männer zueinander verhalten. Oder anders gefragt: Welche Kleidercodes führen die Frauen und Männer vor und inwiefern kommt in den Bildern eine persönliche Haltung zur Geltung?
Auffällig ist an der Bilderserie «Beauty lies within», dass Barbara Davatz die Verkäuferinnen und Verkäufer nicht in ihrem Arbeitsumfeld porträtiert, sondern zu sich ins Studio gebeten hat. Während ihre Outfits und Kombinationen aus der Welt der Laufstege, der Pop-, Sport- und Filmstars kommen, stehen die Porträtierten im Studio ohne die dazugehörigen extrovertierten Haltungen vor der Kamera. Barbara Davatz betreibt mit ihrer Bilderserie keine fotojournalistische Reportage in einer bestimmten Arbeitswelt. Sie dokumentiert auch nicht theatralische Selbstinszenierungen junger Frauen oder Männer, und sie suggeriert keine anmassenden Charakterstudien, aus denen die innere Schönheit eines Menschen abzulesen wäre. Doch in der ruhigen, konzentrierten Studioatmosphäre sind Bilder entstanden, in denen einmalige Eigenschaften, persönliche Aussagen und stille Fragen der Porträtierten aufscheinen. Die Frauen und Männer zeigen sich uns von du zu du mit ihrer persönlichen Kleiderwahl und mit Vornamen und Angaben zu ihrer Herkunft. So treten die Verkäuferinnen und Verkäufer aus dem Dunstkreis der Anonymität heraus. Sie begegnen uns nicht als austauschbare Angestellte einer globalen Modekette, sondern als Personen.
(...)
«Diese Frauen und Männer der so genannten H&M-Generation, die Migration und globalisierten Handel, Assimilation und kulturelle Individualität, Schönheit und modische Erotik verkörpern, posieren mit ungekünstelter und verführerischer Selbstverständlichkeit. Man will unverschämt lang in diese Gesichter sehen. Sie halten dem Blick stand.» Nadine Olonetzky, NZZ am Sonntag
«Eine bestechende Bestandesaufnahme der Globalisierung: Was lässt uns das globale Dorf besser als solches erkennen als die zum Verwechseln ähnlichen Filialen weltweit agierender Ladenketten, in denen man sich auf leicht unheimliche Art und Weise auch in Moskau oder New York sofort wie zu Hause fühlt?» Züri-Tipp
«Natürlich können die Porträts als demografische oder soziologische Studie gelesen werden – dies ist aber nicht die Absicht der Fotografin. Vielmehr geht es ihr darum, eine ‹Feldstudie› über Menschen in einem bestimmten Umfeld zu machen. Die Kraft entsteht dabei aus der seriellen Qualität der Bilder, ähnlich jenen von Bernd und Hilla Becher, Karl Blossfeldt oder August Sander.» Neue Zürcher Zeitung
Barbara Davatz
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