Emil Zopfi
© Marco Volken

Emil Zopfi

«Emil Zopfi ist DER deutschsprachige Bergschriftsteller der Gegenwart. Er erreicht mit seinen Werken nicht nur Bergsteiger, sondern auch das breite Publikum.» King Albert Mountain Award


Autorenhomepage

Emil Zopfi, geboren 1943, studierte nach einer Berufslehre Elektrotechnik und arbeitete als Computerfachmann und Erwachsenenbildner für Informatik und Sprache. Autor von Romanen, Hörspielen, Kinder- und Jugendbüchern. Er lebt heute als Schriftsteller in Zürich. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Schweizer Jugendbuchpreis, dem Kulturpreis des Kantons Glarus und dem Albert Mountain Award.

 

Peter K. Wehrli

«...das Eine und das Andere...»

und beides bei Emil Zopfi

 

Als Emil Zopfi mit dem King Albert Mountain Award ausgezeichnet wurde, stand in der Preisbegründung: «Emil Zopfi sei DER deutschsprachige Bergschriftsteller der Gegenwart». Und tatsächlich gibt es von ihm nicht nur zahlreiche Bücher, in denen die Bergwelt ein oder das Thema ist und ebenso tatsächlich kann man diesen Autor als Begründer einer eigenen literarischen Gattung betrachten, des «Bergkrimi». In ihrem Zentrum steht die junge Bergführerin Andrea Stamm, die sich angesichts von fürchterlichen Unfällen am Berg unfreiwilligerweise zu einer Art Kommissarin entwickelt, weil sie nicht so voreilig wie andere an Unfälle zu glauben bereit ist. «Spurlos», «Steinschlag» und «Finale» sind Andreas abenteuerliche Felsszenerien.

Aber Emil Zopfi ist nicht einfach nur Bergbuchautor, er ist selber ein begeisterter oder begnadeter Kletterer, der die Herausforderung durch den Berg mit Leidenschaft annimmt. Und wenn man ihn in Interviews (und gar im Fernsehen) von seinen kühnen Klettererfahrungen berichten hört (und sieht), dann drängt sich uns unweigerlich die Frage auf, was und wieviel wohl das Bergsteigen mit dem Schreiben zu tun habe (und beileibe nicht nur mit dem Schreiben über das Bergsteigen). Und Zopfi lässt dabei bald erkennen, dass beide Bedürfnisse gewissermassen einen Ursprung haben. Er erlebt den Kopf, den man zum Schreiben braucht, und den Körper, den man zum Klettern braucht als eine harmonisch funktionierende Art von Mechanismus. So wie in der Geschichte – oder im Krimi – der Kopf einen Weg zum Ziel ersinnt, so gelangt am Berg der Körper selbst zum angestrebten Ziel. Nicht ohne, dass der Geist dabei Machbarkeit und Risikofaktoren fortlaufend zueinander in Beziehung bringt. Und mit Überzeugtheit bringt Zopfi so auch die Tätigkeit des Schriftstellers und jene des Bergsteigers in so enge Beziehung zueinander, dass wir vermuten dürfen, die beiden ergänzten sich gegenseitig, vereinen sich zu einem Dritten, für das man – wäre man Germanist – eine Bezeichnung wie «Sprachwerdung des Empfundenen» erfinden müsste.

Und heute führt uns der Schriftsteller Zopfi vor Augen und vor Ohren, dass er eben nicht nur ein Bergschriftsteller ist. Er lese diesmal nicht über Berge, sagte er in der Ankündigung, er lese über Zürich. Und Zürich ist bekanntlich eine Stadt, – also ziemlich genau das Gegenteil vom Hochgebirge.

Mir will scheinen, das sei Emil Zopfis listige Methode, dieses Spiel mit den Gegensätzen: Der Kopf und der Körper, das Gefühl und die Vernunft, die Elektronik und die Handschrift, die Schiefertafel und der Computer, die Stadt und die aufgewühlte Natur. Mir sagte einmal mein Lehrer: «Die Gesundheit musst Du dir von einem Kranken erklären lassen und die Krankheit von einem Gesunden»: Das Andere vor Augen haben wenn man vom Einen spricht, das Eine sehen, wenn man das Andere anschaut: Beides gehört zusammen: Eines allein wäre stets nur die Hälfte». Und Emil Zopfi ist wahrhaftig kein Schriftsteller, der es mit der Hälfte bewenden lässt: Das Eine und das Andere – die Stadt und das Land. Und das würde heissen: Wer seine Stadt neu und frisch sehen will, der muss sie sich von einem Bergkletterer zeigen lassen. Ich glaube, so Unrecht hatte mein Lehrer da nicht!

Also: Abgesehen vom Gegensatz Stadt – Land, den Emil Zopfi nicht nur lebt, sondern den er andauernd auch in Sprache hereinkippt, lebt und schreibt, verfügt Zopfi auch über ein erstaunliches Inventar von Arten, sich der Stadt anzunähern. Als gebürtiger Gibswiler lebte er 24 Jahre lang im Glarnerland und «eignete sich» Zürich so an, wie es ein Pendler eben tun kann. Er bewohnt die Stadt nicht, «noch nicht», sie hat ihn «noch nicht durchdrungen». Auch wenn es mir schwer fällt, Arbeit und Leben als ein Gegensatzpaar zu bezeichnen, Wohnort und Arbeitsort, auch das sind «zwei Arten von Zürich». Und eine weitere «Annäherungsart» hat er praktiziert: Er hat Zürich zu seiner Heimat gemacht. Ein Ort, eine Stadt kann nicht «einfach so» und beiläufig zur Heimat werden, man muss sie wollen, und Emil Zopfi will sie. Also ist es «sein Zürich» von dem er berichtet, «sein Zürich», das er in Sprache hereinbricht» und es solcherart zu «unserem Zürich» macht.

Da sind Abschnitte aus Zopfs Erstling, der 1977 erstaunliches Furore gemacht hat: «Jede Minute kostet 33 Franken». Vor fast vier Jahrzehnten schon führte uns Emil Zopfi da in ein Rechenzentrum, in eine Vorstufe zur heutigen vollelektronisierten Arbeitswelt. Das Rattern der Lochkarten macht die Romanfigur auf Widersprüche im sozialen Gefüge aufmerksam, auf die Abgründe im Machtgefüge, die auch heute, wo keine Lochkarten mehr rattern, noch immer nicht gelöst sind. Vergrössert eher, obschon doch – wie Zopfi tröstend fast schreibt – obwohl die Technologie doch «das Potential zur weltweiten Kommunikation und zur Verständigung trägt».

Vom Zürich-Bild des elektronischen Zeitalters dann anderthalb Jahrhunderte zurück ins Zürich des historischen «Züriputsch» von 1839. Im Roman «Schrot und Eis».

Doch Zopfi wäre nicht Zopfi, wenn er nicht Gegensätze zusammenführte: Das 21. Jahrhundert drängt beunruhigend ins 19. Jahrhundert hinein. Was Zeit gehabt hätte für Entwicklung, zeigt Anzeichen von Rückbildung: Das Damals und das Heute, der Fundamentalismus und die Aufklärung. Auf dem Umschlag steht zwar «Historischer Roman», das würde stimmen, wenn der Autor sein Thema nicht so eindeutig aus dem Geist von heute aus angehen würde, dass man die Jahre um 1839 als unsere aktuelle Zeit erleben muss.

«Spitzeltango», vollgesogen von hiesigem Lokalkolorit, praktiziert ein ähnliches Hin und Her zwischen Gegensätzen, die gar nicht so gegensätzlich sind, wie sie erscheinen: Das Jetzt und das Damals, als Aufbruch die Herzen und Hirne bewegte um 1968. Zopfis gelenkige Sprachkraft erzählt da nicht einfach von einem Aufbruch, der vor einem halben Jahrhundert war, sie weckt ihn, diesen Aufbruch, im Leser auch jetzt wieder, stösst ihn an, der eigenen Vorstellungskraft immer wieder neu zu vertrauen.

Nein, diesmal will ich nichts über den Leisten der Gegensätze schlagen – oder höchstens den: Je mehr ich Zopfi lese, umso mehr wächst die Ahnung, Zürich liege am Fusse des Matterhorns oder in der Flanke der Denti della Vecchia. Kopf und Körper kommen auf gleiche Weise zum Zug!

Prosa

  • Jede Minute kostet 33 Franken, Neuausgabe in Faksimile, Limmat, Zürich 1977
  • Lebensgefährlich verletzt. Eine Nachforschung, Limmat, Zürich 1984
  • Die Wand der Sila, Roman, Limmat, Zürich 1986
  • Die elektronische Schiefertafel. Nachdenken über Computer, Limmat, Zürich 1988
  • Die Fabrikglocke. Vom Aufstand der Glarner Stoffdrucker gegen die Zeit, Limmat, Zürich 1991
  • Sanduhren im Fels. Erzählungen und Reportagen, Limmat, Zürich 1994
  • Wörter mit Flügeln. Kreatives Schreiben, Werkbuch, mit Christa Zopfi, Zytglogge, Bern 1995
  • Kilchenstock. Der Bergsturz in den Köpfen, Roman, Limmat, Zürich 1996
  • The Colour of the Black Mountains. Short Stories, Moonstone Press, London ON, Canada 1998
  • Londons letzter Gast. Roman, Limmat, Zürich 1999
  • Tödi - Sehnsucht und Traum. Eine Bergmonografie, AS Verlag, Zürich 2000
  • Leichter im Text - Ein Schreibtraining. Werkbuch, mit Christa Zopfi, Zytglogge, Bern 2001
  • Steinschlag. Bergführerin Andreas erster Fall, Limmat, Zürich 2002
  • Glärnisch - Rosen auf Vrenelis Gärtli. Eine Bergmonografie, AS Verlag, Zürich 2003
  • Schrot und Eis - Als Zürichs Landvolk gegen die Regierung putschte, Limmat, Zürich 2005
  • Churfirsten - Über die sieben Berge. Bergmonografie, AS Verlag, Zürich 2006
  • Spurlos. Bergführerin Andreas zweiter Fall, Limmat, Zürich 2007
  • Rund um den Walensee - Auf brennenden Füssen durchs Paradies, AS Verlag, Zürich 2008
  • Tod am Khan Tengri. Lorenz Saladin, Expeditionsbergsteiger und Fotograf. Mit Robert Steiner, AS Verlag, Zürich 2009
  • Dichter am Berg. Alpine Literatur aus der Schweiz, AS Verlag, Zürich 2009
  • Finale. Bergführerin Andreas dritter Fall, Limmat, Zürich 2010
  • Die Mythen – im Herzen der Schweiz, AS Verlag, Zürich 2012
  • Spitzeltango. Roman, Limmat, Zürich 2013
  • Faszination Bergwasser. Text für Fotoband von Roland Gerth, AS Verlag, Zürich 2014
  • Sehnsucht nach den grünen Höhen. Literarisches Wanderbuch. Mit Christa Zopfi, Rotpunkt, Zürich 2013
  • Garibaldis Fuss, Limmat, Zürich 2016

Emil Zopfi im Limmat Verlag

Garibaldis Fuss

Garibaldis Fuss

Kindheit in der Schweiz. Erinnerungen

Kindheit in der Schweiz. Erinnerungen

Spitzeltango

Spitzeltango

Steinschlag

Steinschlag

Finale

Finale

Spurlos

Spurlos

Schrot und Eis

Schrot und Eis

Tatort Schweiz. Hörbuch

Tatort Schweiz. Hörbuch

Tatort Schweiz

Tatort Schweiz

Die Fabrikglocke

Die Fabrikglocke

Londons letzter Gast

Londons letzter Gast

Kilchenstock

Kilchenstock

Sanduhren im Fels

Sanduhren im Fels

Die elektronische Schiefertafel

Die elektronische Schiefertafel

Die Wand der Sila

Die Wand der Sila

Wendepunkt

Wendepunkt

Mondmilchsteine

Mondmilchsteine

Lebensgefährlich verletzt

Lebensgefährlich verletzt

Computer für tausendundeine Nacht

Computer für tausendundeine Nacht

Jede Minute kostet 33 Franken

Jede Minute kostet 33 Franken

Daten zu seinem Leben


1943 Geboren am 4. Januar in Wald/ZH. Aufgewachsen in einer Textilarbeiterfamilie in Gibswil.
1958–63 Laufbursche und Lehrling bei Zellweger AG, Uster.
1964–67 Studium der Elektrotechnik am Technikum Winterthur.
1967–69 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für physikalische Chemie der ETH Zürich.
1968 Heirat mit Christa Gächter.
1969–70 Technischer Programmierer bei Siemens AG, Karlsruhe.
1970–73 Systemingenieur bei IBM Schweiz in Zürich, Spezialgebiet Prozessteuerungen.
1973 Sprachaufenthalt in Italien, erste Publikationen.
Geburt des Sohnes Claudio.
1974–81 Teilzeitarbeit als Entwicklungsingenieur bei Siemens-Albis, Zürich, Spezialgebiet Prüfautomation mit Computern.
Literarische Arbeit an Romanen, Kinderbüchern, Hörspielen.
1975 Geburt der Tochter Susanna.
1977 Erster Roman erscheint: Jede Minute kostet 33 Franken.
1979–80 Aufenthalt in Sesto Fiorentino, Italien, mit einem Werkjahr der Stiftung Landis und Gyr.
1981 Tätigkeit als freischaffender Schriftsteller und Erwachsenenbildner für Informatik und Sprache.
1986 Wohnsitz in Schwändi/Gl. Gründung der Ausdruckswerkstatt mit Christa Zopfi. 
1987 Wahl zum Erwachsenenbildner an der Berufsschule für Weiterbildung des Kantons Zürich.
1989 Wohnsitz in Obstalden/Gl. Eigene Räume für die Ausdruckswerkstatt.
1994 Freischaffender Schriftsteller.
1996 Werksemester London.
1999 International Writing Program, University of Iowa, USA.