Lee Gustavo
Sandra Hughes

Lee Gustavo

Roman

320 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
November 2006
SFr. 36.–, 36.– €
vergriffen
978-3-85791-516-1

Schlagworte

Literatur
     

Lee Gustavo liegt im Krankenhaus einer englischen Kleinstadt, kann nicht reden, weiss nicht, was geschehen ist. Im Dämmerschlaf zieht Lees Leben vorbei, unterbrochen durch die fürsorgliche Krankenschwester Anna.
Lee kennt das Gefängnis von innen, schlägt sich durch als «Haushalthilfe für alle Fälle» bei einer exzentrischen Trendjournalistin, verdient sich das
Leben mit dem Verscherbeln von aufgemöbeltem Trödel und später im Tätowieratelier mit zum Teil anspruchsvoller Kundschaft.
Eines Abends findet Lee einen Brief vom Vater, den dieser vor dem Selbstmord an seine Frau geschrieben hat. Seine Geschichte führt nach Brasilien in eine Familie, in der man keine Skrupel kennt: Der Zwillingsbruder quält ihn mit allen Mitteln, der Vater verrät ihn, seine Frau verliert er.
Mit ihrem Erstling legt Sandra Hughes eine rasante und schräge Geschichte vor, in der bis fast zum Schluss offen bleibt, ob Lee Gustavo eine Frau oder ein Mann ist.

Sandra Hughes
© Nic Kaufmann

Sandra Hughes

Sandra Hughes, 1966 geboren und aufgewachsen in Luzern, Studium der Kunstwissenschaft, Geschichte des Mittelalters und der Humangeografie an der Universität Basel. Sandra Hughes arbeitete als Kunstvermittlerin in den Kunsthäusern Zürich und Zug. Nach einem kurzen Abstecher in die Bieler Ideenfabrik «Brainstore» ist sie seit 1998 bei den Museumsdiensten Basel für Bildung und Vermittlung tätig. Sandra Hughes lebt mit Mann und Sohn in Allschwil BL.

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Ich war glücklich ...

Ich war glücklich. Cathleen schäumte.

«Niemand hat heutzutage Hausangestellte, die gleich dort wohnen müssen. Die will dich mit Haut und Haaren.»

«Sie will einfach Service rund um die Uhr, falls sie mal krank ist. Und wenn sie auswärts ist, soll ich die Wohnung hüten.»

«Krank? Und darauf fällst du rein? Du sollst ihr wohl den Kamillentee kalt blasen und die Fieberzäpfchen vorlutschen?»

Da Cathleen sich äußerst selten zu unanständigen Formulierungen hinreißen liess, musste ich annehmen, dass sie wirklich eifersüchtig war. Ich versuchte es mit materiellen Argumenten. Die kamen bei Cathleen immer gut an.

«Stell dir vor, tausend im Monat, und das für etwas Hausarbeit.»

«Ja sicher. Aber dass du gleich bei der Frau einziehst, ist wohl doch etwas speziell.»

«Aber Cathleen, ich brauche doch einen Job, und jetzt habe ich einen.»

«Ja, das kann man sagen. Einen Volljob!»

«Ich denke kaum, dass ich in meiner Situation wählerisch sein kann. Oder findest du eine andere Arbeit für mich, die dermaßen gut bezahlt ist und keine Zeugnisse und Lebensläufe verlangt?»

«Und so angenehm ist, bei der schönen Hausherrin?»

«Ich stehe nicht auf Mary», sagte ich lächelnd, und das stimmte damals noch.

«Sie sucht jemanden ‹für alle Fälle›!»

«Na ja, das bin ich doch, Schätzchen, das merkst du doch von Fall zu Fall, oder nicht?»

Cathleen schlug nach mir und musste wider Willen lachen.

«Zudem brauche ich kein Geld, wenn ich bei ihr wohne. Und sie wird mich durchs Haus hetzen, dass ich am Abend todmüde ins Bett falle. Ich werde außerstande sein, auf dumme Gedanken zu kommen.»

«Dumme Gedanken? Wie meinst du das?»

«Na eben, dumme Gedanken, du weißt schon, ihr das Fieber ausblasen und das Zäpfchen lutschen.»

«Du bist ein Aas ...», sagte Cathleen. «Ein fieses Aas. Geh und brat in der Vorhölle von Betlehems Cross Nummer neunundsiebzig.»

«Ich stehe nicht auf Mary», sagte ich damals, und das stimmte. Cathleen war für mich die schönste, beste, geduldigste, liebste Frau auf Erden, oder, sagen wir, von Skillercounty und Hunkyhill zusammen. Das konnte ich beurteilen. Ich war zwar bereits über die Grenzen von Skillercounty und Hunkyhill hinausgekommen. Aber damals hatte ich anderes zu tun, als auf Frauen zu schauen.
Online-Report, 2. November
Basler Zeitung, 8. November 2006
Baslerstab, 8. November 2006
Mittellandzeitung, 7. November 2006
Programmzeitung, November 2006
Buchjournal, 14. November
Culturactif.ch, 20. November
20 minuten, 21. November
WochenZeitung WoZ, 23. November 2006
Kulturmagazin Luzern 12/06
P.S., 7. Dezember 2006
Der Bund, 23. Januar 2007
St. Galler Tagblatt, 29. Januar 2007
Literaturkurier/Deutschlandfunk, 1. Februar 2007
Facts 5/07, 1. Februar 2007
Volltext 1/2007, Februar/März
Schule und Leben 1/2007
DRS 2, Reflexe, 18. Mai 2007
Schweizer Monatshefte, Juni 2007
Aargauer Zeitung / Mittelland-Zeitung, 22. August 2007
Virginia (Frauen-Buch-Kritik), 1. Oktober 2007
Neue Zürcher Zeitung, 12. Dezember 2007
Süddeutsche Zeitung, 12. Februar 2009

«Der fesselnde Erstlingsroman der Baslerin Sandra Hughes spielt auf zwei Kontinenten und vereint gleich zwei umfassende Lebensgeschichten aus unterschiedlichen Generationen – verblüffenderweise auf nur gerade 300 Seiten.
‹Lee Gustavo› ist ein aussergewöhnlich intensiver und dichter Roman, exzellent erzählt: frisch und rau und mit einer enormen Kraft, die bis zum Schluss anhält.» Neue Zürcher Zeitung

«In frechen Dialogen erzählt die 43-jährige Luzernerin die unkonventionelle Geschichte eines Menschen, dessen Welt nie heil, dessen Bahnen nie gerade waren.» Süddeutsche Zeitung

«‹Lee Gustavo› ist das erste Buch von Sandra Hughes (Bild), geboren 1966, aufgewachsen in Luzern und in Allschwil daheim. Wie ein schillernder Meteorit platzt er völlig unerwartet in den hiesigen Bücherherbst und schlägt mit aller Wucht ins Gemüt ein. Fährt unter die Haut wie die gewaltige Bilderwelt von Hieronymus Boschs ‹Garten der Lüste›, welche die Hauptfigur Lee Gustavo in seinem Tatoo-Atelier mit dem Kamm in menschliches Fleisch schlägt.
Sandra Hughes debütiert mit einem Buch, das nur so sprüht von der Lust am (szenischen) Erzählen. In ‹Lee Gustavo› geht es oft heftig und stellenweise auch sehr deftig und brutal zu und her. Was jedoch am meisten nachwirkt, sind die leisen Zwischentöne in Lee Gustavos schillernder Figur, die endlich ihre Sprache gefunden hat. Und was für eine!» WochenZeitung WoZ

«Einer Chaospilotin gleich steuert Sandra Hughes schlafwandlerisch sicher durch ihren Schelmenroman. Ein dramaturgisches Naturtalent mit wildwuchernder, Konventionen über Bord werfender Fantasie, sich einen Dreck scherend über die Einteilung in E und U in der deutschen Literatur. Sie peitscht das Geschehen in salopper Alltagssprache voran, aber vergisst keine Sekunde, was Lee eigentlich treibt: Rache. Unbarmherzige, unweibische, berechnende Rache an Onkel Moses, der seinen Bruder, Lees Vater, in den Selbstmord und Lees Mutter ins Irrenhaus getrieben hat.
Leichtfüssig, schäbig schillernd, fast nicht zum Aushalten spannend erzählt Sandra Hughes. Unterschichtsslang mischt sie mit rotzig poetischen Tönen.» Basler Zeitung

«Er hat angelsächsisches Flair und erzählt spritzig und unsentimental von den Leiden und Freuden der Hauptfigur Lee Gustavo, die im Spital über ihr Leben zwischen allen Stühlen sinniert.» Programmzeitung

«Nichts für Zartbesaitete! Auf der letzten Seite atmen wir tief durch, benommen von diesem vitalen Geschichtenstrom. Woher hat die Frau nur diese fabelhaft verrückte, britisch-brasilianische Story? ‹Alles erfunden›, sagt Sandra Hughes. Lebte in Luzern, arbeitete in Zürich und Zug. Karl May war auch nie im Wilden Westen. Doch Phantasie hat sie für zehn und schreibt so leichtfüssig, als wären die 320 Seiten ein Spaziergang. Sie treibt das Geschehen voran, verlangsamt es, knüpft die Stränge zu einem bizarr bunten Panoptikum, ist mal lakonisch poetisch, mal sarkastisch, frech, rüde. Und verliert nie aus den Augen, worum es geht: um eine teuflische Rache.» Buchjournal

«Sandra Hughes erzählt mit einer gehörigen Portion Humor, ihre Dialoge sind britisch flott, das Tempo rasant. Der flockige Sitcom-Ton entwickelt einen Bestseller-Sog. Lee Gustavo entpuppt sich zum vertiabelen Pateturner. Dessen Schnoddrigkeit und Coolness sich angenehm von Mainstream-Komödien abhebt.» Mittellandzeitung

«Dieser Roman von Sandra Hughes ist eine volle Dröhnung. Das ist absolut positiv gemeint. Der fabelhaft geschriebene Roman setzt sich aus vielen spannenden Geschichten zusammen, in denen alles Menschliche und Unmenschliche seinen Platz hat: sexuelle Perversionen, Krankheit, Drogen, Sadismus, Verbrechen, Liebe, Freundschaft.
Erstaunlich, welche erzählerische Kraft und Reife Sandra Hughes, geboren 1966 in Luzern, wohnhaft in Allschwil, in ihrem Erstlingsroman aufbringt.» 20 minuten

«Mit Lee Gustavo betritt eine schillernde Figur die literarische Bühne. Und mit ihr eine Autorin, deren Debüt ein flunkerndes Schelmstück ist, in dem sich sehr zum Vergnügen der Leser und Leserinnen die abenteuerliche Unerschrockenheit der Titelfigur auch stilistisch widerspiegelt. Lee ist kein Kind von Traurigkeit, trotz all der Plagen, die das Leben parat hält. Unverdrossen, vital setzt sich Lee darüber hinweg und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.» culturactif

«Stellen Sie sich einen Erzähler mit dem Witz eines Tristram Shandy und der Abenteuerlust eines Felix Krull vor, der sich im sozialen Abseits durchs Leben und die Geschichte seiner Familie schlägt, und wenn Sie sich zudem verunsichern lassen, ob es sich um einen Erzähler oder doch eher um eine Erzählerin handelt – dann können Sie sich einen Begriff von Lee Gustavo machen. Die Stationen dieses modernen Schelmenromans, unter anderem ein Tätowiersalon, eine Abfallhalde, ein Gefängnis und absurde Forschungsstandorte in Übersee, tragen zur Komik der hinreissenden Geschichte bei. Sandra Hughes hat ein erfrischend unschweizerisches und kultverdächtiges Buch geschrieben, das sowohl die Biederkeit von (historischen) Milieustudien und Lokalkrimis als auch die Selbstgefälligkeit von derzeit aktuellen Familien-Epen inklusive Realitätsanspruch in die Ecke stellt. Stellenweise allerdings nichts für zarte Gemüter oder solche, die den ironischen Ton überhören wollen.» Schweizer Bibliotheksdienst

«Frisch drauflos und dennoch einsichtig konstruiert erzählt sie (Sandra Hughes) eine heitere und böse Geschichte bis zum überraschenden Ende: vielfältig gespickt mit guten Dialogen und einem bunten Personal.» P.S.

«Eine neue Stimme in der Schweizer Literatur.» Thomas Hürlimann, Tages-Anzeiger

«Sandra Hughes Erstling ist eine frech geschriebene, fulminante Familiengeschichte abseits bürgerlicher Schauplätze.» Der Bund

«Zum Vergnügen der Leser spiegelt sich Lees abenteuerliche Unerschrockenheit stilistisch wider. Sandra Hughes hat einen leichtfüssigen Erzählton gefunden, der Lees widerspenstiges Lebensgefühl mit Witz aus der Eigenperspektive beschreibt und die chaotischen Begebenheiten zum Schluss in eine Ordnung fügt, die keine losen Ende lässt.» Volltext

«Die Schweizer Literatur hat ihren Generationenwechsel erlebt. Auf Faes folgten Jüngere, die aus und mit Sprache Kunst machen, zu nennen wären Christian Uetz (Jg. 1963), Ruth Schweikert (1965) und Michel Mettler (1966), von Peter Weber (1968) erscheint im April der vierte Roman «Die melodielosen Jahre». Doch auch in diesem Kontext mutet «Lee Gustavo» mit seiner unbändigen Erzähllust unschweizerisch an.
(...)
So wie Sandra Hughes ihre Leserinnen und Leser mit Einfällen überrascht, so sehr scheint ihre Protagonistin von den Wendungen heimgesucht zu werden. In diesem Leben steht nichts fest – das Opfer ist eine Profiteurin, der Waschlappen ein Held, der Priester ein Perverser und die Lesbe ein Vamp. Lee selber schert sich jedoch kein bisschen um Normalität, schon gar nicht um geschlechtlich fixierte Rollenbilder.
Mit «Lee Gustavo» ist Sandra Hughes ein Entwicklungsroman gelungen, in dem zahllose Rollen möglich sind – und alle auch durchgespielt werden. Psychologisch einigermassen komplex, doch unterhaltsam, humorvoll und gespickt mit originellen Ideen. Ein Solitär in der Schweizer Literaturlandschaft.» St. Galler Tagblatt

«Ein quirliger Roman, der nie zur Ruhe kommt, von unglaublichen Erlebnissen erzählt und seine Leser nicht selten an der Nase herumführt. Die Sprache und Beschreibungen sind an Deftigkeit kaum zu überbieten, aber genau das passt zu Lees Leben.» Literaturkurier/Deutschlandfunk

«Ein abgefahrenes Stück Literatur mit viel Drive.» Facts

«Die Schweizer Autorin Sandra Hughes hat mit ihrer Romanfigur einen sehr eigenwilligen und witzigen Charakter geschaffen. Alles in allem ein Erstling, der anregt und nachklingt.» Schule und Leben

«Die junge Autorin hat vor einigen Monaten mit diesem Erstlingsroman grosses Aufsehen erregt. Das Buch sprüht vor Lust am Erzählen. Der Inhalt freilich geht unter die Haut. [ ... ] Der Autorin gelingt es dabei dank viel feiner Selbstironie Lees, dieses modernen Taugenichts, eine gute Portion Sympathie auf diesen zu lenken. [ ... ] Trotz aller chaotischen Begebenheiten und ungewöhnlichen Lebensgeschichten findet ein konsequenter Plot sein überraschendes Ende. Der spannende Roman besticht mit seiner unprätentiösen Sprache und seinem leichtfüssigen Erzählton, was genau dem Erzähler Lee entspricht.» Aargauer Zeitung
Captcha

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